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Alt 22.07.2010, 16:41
Benutzerbild von annika33
annika33 annika33 ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs inoperabel und Lebermetastasen

Liebe Vesna,

Zitat:
ich sass 5 std. an seinem bett gab ihn trinken, hielt und streichelte seine Hand, er sah mich auch an und sagte ich solle nicht so viel weinen mein leben geht weiter.. doch, momentan fühle ich mich so als ob mein Leben nicht weitergeht, mein Herz mir rausgerissen wird, ein Loch gestochen wird, dass keiner füllen kann und wieder eingepflanzt wurde. Es ist mehr als schwer, seine eigenen ELtern so leiden zu sehen, zu wissen das der Krebs ihn von uns nimmt so früh, wo er hätte noch 20 schöne jahre haben können..
....als ob mein Leben nicht weitergeht. Hierzu möchte ich Dir gerne etwas sagen.

Alles was Du zur Zeit erlebst, siehst, fühlst - das ist traurig und niederschmetternd. Es lässt einen verzweifeln und man sucht nach dem Warum, man hadert mit den unabwendbaren Gegebenheiten und "hätte" und "wäre", sind ständige gedankliche Begleiter.

Als meine Mutter so krank wurde, und wir wußten, es gibt auf Dauer keine Heilung, da war mein Angst eine sehr große und die Verzweifelung mein ständiger Begleiter. Immer, immer dachte ich, ich könne ohne meine Mama nicht weiterleben.

Was dachte wohl meine Mama? Nachdem sie die niederschmetternde Diagnose erhalten hatte, da hatte sie natürlich jede Menge Angst. Angst vor dem, was auf alles auf sie zukommt. Und dann? Dann war ihre größte Sorge, die Sorge um uns. Um die Angehörigen, die sie so lieb hatte, und die wiederum sie mit ganzer Herzenskraft lieb hatten (haben!).

Eltern kennen ja ihre Kinder "in- und auswendig". Da bedarf es nicht immer großer Worte, da reichen Gesten, kleine Blicke, die Körpersprache - Eltern wissen immer, wie es einem geht. Und sie sind stets in Sorge um deren Wohlergehen.

Nun liegt Dein Vater im Krankenhaus und seine Zeit ist ausgesprochen begrenzt. Und Du bist bei ihm und tust alles, was in Deiner Macht steht. Und es erscheint Dir zu wenig.

Im Verlauf von Mamas Erkrankung, ich hatte gute anderthalb Jahre mich täglich mit dem Krebs und der unausweichlichen Folge auseinanderzusetzen, da merkte ich, dass, so schlimm all das ist, was da auf uns zukommt, auf einen Sachverhalt nur wenig Einfluss genommen wird. Nämlich, dass mein Leben weitergeht. Wie es weitergeht, das liegt an mir, an meiner Familie, an dem, was ich, was wir aus unserem Leben machen.

Ich bin sicher, Dein Papa sorgt sich um Euer Wohlergehen, so wie Ihr Euch um ihn sorgt. Die Dinge bleiben, zumindest in dieser Hinsicht, bis zum Schluss hin so wie sie immer waren. Da verkehren sich die Verhältnissmäßigkeiten, Gott sei Dank, nicht.

Ich konnte meiner Mama, völlig zwanglos, einige Zeit vor ihrem Versterben sagen, dass die Tatsache, sie so krank zu wissen, ganz schlimm und furchtbar für mich ist. Aber eines wolle ich ihr sagen, nämlich, dass sie sich um mich und mein Weiterleben keine Sorgen machen müsse. In dieser Hinsicht, könne sie beruhigt sein. Ich werde "weiterleben". Ich hab ihr das gesagt und das einzige, was sie erwiderte war:"Dann ist ja gut, mein Kind!" Ich muss weinen, während ich das schreibe, weil es für uns beiderseitig eine
liebevolle Geste des Loslassenkönnens war. Ich glaube das ist ein ganz wichtiger Bestandteil beim Erwachsenwerden.

Ich hab mich "viel zu klein" für den ganzen Scheiss gefühlt, und das tue ich auch heute noch. Aber mein Gewissen ist leichter, weil ich weiß, dass ich ihr zumindest eine Sorge, die um mich, ein wenig nehmen konnte.

Ich fühle mit Dir

Annika
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